Donnerstag, 16. September 2010

Jura im Alltag I

Frage:
Ich bestelle etwas bei einem Schnellrestaurant und das Essen wird mir schon auf ein Tablett gestellt. Habe ich dann noch das Recht, einfach zu gehen, ohne zu bezahlen?


Antwort:
Nein, hat man nicht. Zu diesem Zeitpunkt ist man auf juristischer Ebene schon eine Verpflichtung eingegangen.


Juristischer Hintergrund:
Um diese Aussage zu überprüfen, muss man überprüfen, zu welchem Zeitpunkt der Vertragsschluss erfolgt. Bei Geschäften in der Art von FastFoodKetten muss man von einer invitatio ad offerendum ausgehen. Das ist logisch, denn was auf der Preisliste steht, muss nicht zwangsläufig sofort auf Lager sein. Das Angebot liegt also in dem Bestellen der bestimmten Waren, die Annahme wohl in der Ansage des Preises. Zu diesem Zeitpunkt muss man als Empfänger der Willenserklärung der Annahme davon ausgehen, dass Waren vorrätig sind und der Annehmende gewillt ist, seine Verpflichtung zu erfüllen.

Womit wir zum ersten Knackpunkt des Standpunkts "Ich muss nicht bezahlen" sind. Denn bei einem wirksamen Kaufvertrag ist der Käufer nach § 433 II BGB verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen.
Ist der Vertrag noch wirksam? Eine Anfechtung scheint jedenfalls fernliegend. Einzig eine Scherzerklärung und die daraus folgende Nichtigkeit der Willenserklärung käme in Betracht. Gehen wir an dieser Stelle aber mal davon aus, dass unser Fragesteller tatsächlich zunächst etwas kaufen wollte, und sich dann umentscheidet.

Der Anspruch auf Kaufpreiszahlung besteht also.

Wenn die Hauptpflicht, den Kaufpreis zu zahlen, verletzt wird, kommt ein Schadensersatz wegen Pflichtverletzung nach § 280 I BGB in Betracht. Voraussetzungen dafür sind ein gegenseitiges Schuldverhältnis, eine Pflichtverletzung und das Vertretenmüssen (ergo: Verschulden plus Beweislastumkehr!). Verschuldet wird Vorsatz und Fahrlässigkeit, § 276 I BGB. Wenn man nun mit Absicht weggeht und das Verderben der Ware in Kauf nimmt, kann man wohl von Vorsatz sprechen ;-)
Ob dazu noch der Gläubigerverzug nach § 293 BGB dazukommt kann dahingestellt bleiben.
Wenn die bereitgestellten Sachen nun nicht einmal mehr verkauft werden können, ist die Schadenshöhe gleich der des Kaufpreises. Dieses ist bei Getränken der Fall, die nicht so einfach wieder verkauft werden können. Essen, welches nicht gerade individuell zubereitet wird, wird ein wenig kalt und damit im Wert gemindert. Die Differenz zwischen dem angestammten Verkaufswert und dem tatsächlichen Wert muss dann als Schadenshöhe herangezogen werden.

Ein deliktischer Anspruch aus § 823 I oder II BGB käme ebenfalls in Betracht. Bei Absatz II mangelt es jedoch am Verstoß gegen ein Schutzgesetz (Betrug, Sachbeschädigung, Diebstahl, etc. scheiden wohl aus).
Bei Absatz I stolpere ich über den erstattungsfähigen Eigentumsschaden und den nicht erstattungsfähigen Vermögensschaden. Das Rechtsgut "Eigentum" wird nämlich nicht verletzt, sondern dem Verkäufer wird nur die Möglichkeit genommen, es zum gleichen Wert weiterzuverkaufen, siehe Argumentation in der Unterscheidung Getränke und (individuell zubereitetem) Essen.



Das war zum Einstieg doch schonmal ganz nett. Über Feedback freue ich mich natürlich wie jeder Blogger ;-)

Hello world!

Ich begrüße euch.

Nach Monaten und Jahren intensivsten Bloglesens habe ich mich schlussendlich auch dazu entschlossen, ein wenig Schreibarbeit in Form eines Online-Tagebuchs zu erstellen. In erster Linie werde ich hier juristische Gegebenheiten aus der Sicht eines Jura-Studenten darstellen und damit (hoffentlich) zur Unterhaltung der Horden von Lesern beitragen ;-)


Das ganze hier wirkt natürlich noch ein wenig provisorisch. Ich verspreche aber, ich arbeite daran! Mehr Infos folgen, wie immer, später.